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Nachbericht zum Branchengremium Gesundheitswirtschaft der IHK Köln am 18.06.2024

Die Novellierung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes – Rekrutierung internationaler Talente für die Gesundheitswirtschaft

Der Fachkräftemangel in der Gesundheitsbranche ist eine enorme Herausforderung. Das Anwerben von Fachkräften im Ausland ist für Unternehmen eine Chance, sich personell besser aufzustellen. Um unter Berücksichtigung verschiedener Perspektiven der Frage nachzugehen, wie die Anwerbung internationaler Fachkräfte gelingen kann, führte Dr. Thomas Hilse (HILSE:KONZEPT Management- und Kommunikationsberatung) durch diese Veranstaltung, zu der die IHK Köln gemeinsam mit dem Gesundheitsregion KölnBonn e.V. und der Agentur für Arbeit Köln regionale Akteure und Expert:innen eingeladen hatte.

In ihrer Begrüßung stellte Gastgeberin Dr. Kristel Degener (IHK Köln) die Situation der Kölner Unternehmen dar, von denen in der IHK-Konjunkturumfrage fast 70 Prozent den Fachkräftemangel als größte Herausforderung angegeben hatten. Dr. Alexia Zurkuhlen (Gesundheitsregion Köln Bonn e.V.) umriss vorausgreifend auf die anschließende Podiumsdiskussion einige der Schwierigkeiten, die bei der Rekrutierung internationaler Fachkräfte zum Tragen kommen – vom Anwerbungs- über den Anerkennungsprozess bis hin zur Integration und der Frage des Bleibenwollens der Fachkräfte. Ein weiteres Grußwort richtete Sabine Gennermann (Agentur für Arbeit Köln) an die Gäste. Sie betonte die Wichtigkeit des Themas Fachkräftemangel, dem bei der Agentur für Arbeit u.a. mit Schwerpunkten in den Bereichen Mitarbeiterführung und -bindung, Anwerbung aus dem Ausland sowie mit dem Angebot von Sprachkursen begegnet werde.

Dr. Alexia Zurkuhlen begrüßt die Gäste, rechts im Bild Moderator Dr. Thomas Hilse (Foto: Gesundheitsregion KölnBonn e.V.)

Leitfrage: „Wie kann Anwerbung gelingen?“

Dr. Hilse leitete anschließend zur Podiumsdiskussion über und freute sich über die Möglichkeit, aus erster Hand den Erfahrungsbericht einer angeworbenen Pflegefachkraft zu hören: Ledio Çarçiu (Universitätsklinikum Köln) schilderte eindrucksvoll den langen und mühsamen Weg, den er als studierte Fachkraft aus Albanien im Jahr 2015 mit Unterstützung einer Vermittlungsfirma auf sich genommen hatte, um in Deutschland in der Pflege arbeiten zu können. Neben Schwierigkeiten wie dem zeitintensiven Erwerb der deutschen Sprache und langen Wartezeiten auf benötigte Dokumente berichtete Herr Çarçiu außerdem von weiteren Hindernissen, die ihm das Ankommen in der Pflege in Deutschland erschwert hatten. So sei bspw. auf seiner ersten Arbeitsstelle keine angemessene Einarbeitung erfolgt – die Tatsache, dass er zwar fachlich ausgebildet war, aber keinerlei Vorerfahrung mit den spezifischen Abläufen hatte, sei nicht berücksichtigt worden. Man habe ihn vom ersten Tag an als Pflegefachkraft betrachtet und entsprechende Leistung von ihm erwartet und insgesamt zu wenig das Gespräch mit ihm gesucht, um vermeintliche Probleme anzugehen.

Podiumsdiskussion v.l.n.r.: Ledio Çarçiu, Ann-Christin Wedeking, Barbara Prinz, Thorsten Rolfsmeier und Marie-Christin Fočo (Foto: IHK Köln)

Weitere zentrale Punkte, die bei der Anwerbung ausländischer Fachkräfte eine Rolle spielen, schilderte Marie-Christin Fočo (Stabsstelle Internationales Pflegepersonalmanagement, Universitätsklinikum Köln). Ihr zufolge sei es seitens der Uniklinik schwer, internationale Fachkräfte dafür zu begeistern, dorthin zu kommen, da der Prozess so lange dauere: Aufgrund der vielen involvierten Akteure seien verbindliche Aussagen zum Beschäftigungsbeginn meist nicht möglich, was v.a. für Fachkräfte mit Familie ein großes Problem darstelle. Generell sei außerdem das gesamte Verfahren für Außenstehende nur schwer nachvollziehbar. Im Vergleich zur ambulanten Pflege profitiere die Uniklinik allerdings davon, dass die ausländischen (akademischen) Fachkräfte dort die Möglichkeit haben, sich fachlich weiterzubilden. Frau Fočo berichtete, in der Regel funktioniere die Integration in die Arbeitsprozesse gut, im sozialen Bereich allerdings oft schlechter, was von Seiten der Uniklinik nur bedingt beeinflusst werden könne.

Thorsten Rolfsmeier (Geschäftsbereichsleiter International Services der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit) bestätigte aus seiner Erfahrung, dass die Koordinierung der verschiedenen Akteure im Anwerbeprozess eine große Herausforderung darstellt. Die Pflegewirtschaft nehme er im Gegensatz zu vielen anderen Branchen als sehr aufgeschlossen für die Anwerbung ausländischer Fachkräfte wahr.

Als Vertreterin der ambulanten Pflege stellte Barbara Prinz (Geschäftsführerin Krankenpflegedienste Köln) fest, die Begeisterung von ausländischen Fachkräften für ihren Sektor sei schwierig. Zielführender wäre es, bei einer jüngeren Zielgruppe anzusetzen, bspw. über das Angebot von Ausbildungsplätzen oder ein Freiwilliges Soziales Jahr. Ihrer Ansicht nach sei die ambulante Pflege eher nicht für die Anwerbung ausländischer Fachkräfte geeignet, da sie dort überwiegend alleine arbeiten anstatt in Teams, in denen sie in Kontakt kommen und lernen können. Zudem könne im Gegensatz zu bspw. der Uniklinik kein Wohnraum zur Verfügung gestellt werden.

Weitere Impulse zu einer erfolgreichen Anwerbung brachte Ann-Christin Wedeking (Geschäftsstellenleitung Gütegemeinschaft Anwerbung und Vermittlung von Pflegekräften aus dem Ausland e.V., Wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Kuratorium Deutsche Altershilfe) ein. Die Gütegemeinschaft biete – übersetzt in elf Sprachen – Informationen zum Pflegeberuf in Deutschland. Es sei ein Ziel des Vereins, interessierte ausländische Fachkräfte mit den bereitgestellten Informationen dazu zu befähigen, selbst zu entscheiden, ob die Pflege in Deutschland das Richtige für sie sei. Es werde dargestellt, wer welche Leistungen bezahlt und wer die jeweiligen Ansprechpartner sind. Das RAL Gütezeichen „Faire Anwerbung Pflege Deutschland“, das von der Gütegemeinschaft erteilt wird, gewährleiste einen fairen Anwerbeprozess.

Nach diesen Eindrücken sammelte Herr Dr. Hilse abschließend von den Podiumsgästen die folgenden Schlagworte, wie ihrer Meinung nach die Anwerbung ausländischer Fachkräfte gelingen kann:

  • Eine gute Willkommenskultur entwickeln
  • Die Anwerbung mit positivem Mindset angehen
  • Die Finanzierung verbessern
  • Alle Akteure mit “ins Boot holen”
  • Von Anfang an Transparenz im Anerkennungsprozess schaffen
  • Das Gespräch mit den ausländischen Fachkräften suchen

Im Anschluss an die Veranstaltung nutzten die Anwesenden die Gelegenheit, sich bei Kaffee und Kuchen kennenzulernen und miteinander auszutauschen.

Der Gesundheitsregion KölnBonn e.V. bedankt sich herzlich für die wertvollen Impulse aller Podiumsgäste und aus dem Publikum. Ein besonderer Dank gilt Herrn Dr. Hilse für die kompetente und kurzweilige Moderation der Veranstaltung sowie der IHK zu Köln und der Agentur für Arbeit Köln für die gute Zusammenarbeit.

Nachbericht von Nathalie Waidele (Gesundheitsregion KölnBonn e.V.)